Die Krise der Autoindustrie zeigt Wirkung

Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Zwei weitere Autozulieferer – die AE Group und die Süddeutsche Gelenkscheibenfabrik (SGF) – haben in den vergangenen Tagen Insolvenzverfahren eingeleitet und Standortschließungen angekündigt. Dadurch sind mehr als 1.100 Arbeitsplätze unmittelbar bedroht, was die dramatische Zuspitzung der Branchenkrise verdeutlicht.

Die AE Group teilte am 1. September mit, ihre Standorte im thüringischen Gerstungen und im hessischen Nentershausen zum Jahresende zu schließen. Nach Unternehmensangaben sind rund 650 Mitarbeiter betroffen – 549 in Thüringen und 134 in Hessen. Der Aluminiumgussteile-Spezialist hatte bereits im August 2024 Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet, konnte aber trotz einjähriger intensiver Suche keinen Investor finden.

Gescheiterte Rettungsversuche

Die Insolvenzverwalterin linkRomy Metzger erklärte, dass die Investorensuche aufgrund der schwierigen Lage in der Automobilbranche gescheitert sei. Nach Angaben des Fachportals Ingenieur.de wurden weltweit 146 potenzielle Investoren kontaktiert, die jedoch alle absagten. Selbst ein konkretes Angebot eines Unternehmers aus Aachen fand keine Unterstützung, da der Hauptkunde ZF Friedrichshafen es für nicht tragfähig hielt.

Vorstandsvorsitzender Christian Kleinjung hatte noch vor einem Jahr Zuversicht gezeigt, dass das Insolvenzverfahren zur Sanierung und zum Erhalt der Arbeitsplätze führen könne. Nun bietet das Unternehmen den betroffenen Mitarbeitern den Wechsel in eine Transfergesellschaft an. Der zwischen Management, Betriebsrat und der IG Metall vereinbarte Sozialplan sieht bis zu sechs Monate Lohnzahlungen sowie Weiterqualifizierungsangebote vor.

SGF folgt mit 500 bedrohten Arbeitsplätzen

Nur wenige Tage vor der AE Group meldete auch die Süddeutsche Gelenkscheibenfabrik (SGF) aus Waldkraiburg Insolvenz in Eigenverwaltung an. Das Unternehmen beschäftigt rund 500 Mitarbeiter an drei deutschen Standorten und erzielte 2024 einen Umsatz von etwa 110 Millionen Euro. Die Geschäftsführer Arne Festerling und Josef Wimmer erklärten, das Problem bestehe nicht auf operativer Ebene, sondern in der “hohen Verschuldung und der damit verbundenen Kapitaldienstfähigkeit”.

Laut einem Bericht der “Passauer Neuen Presse” kritisierten Mitarbeiter das Timing der Insolvenzankündigung während der Ferienzeit. Viele Beschäftigte erfuhren von der Entwicklung “quasi am Strand”, da sie im Urlaub waren, als die Betriebsversammlung stattfand.

Insolvenzwelle erfasst die gesamte Zulieferbranche

Die Fälle AE Group und SGF sind keine Einzelschicksale, sondern Teil einer verheerenden Entwicklung in der deutschen Automobilindustrie. Laut Creditreform wurden im ersten Halbjahr 2025 bereits 19 Autozulieferer-Insolvenzen registriert – ein dramatischer Anstieg, der die Branche seit 2020 kontinuierlich erschüttert. Insgesamt waren in den vergangenen fünf Jahren rund 43.000 Beschäftigte von Zulieferer-Insolvenzen betroffen.

Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform warnt: “Die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Automobilzulieferer hängt maßgeblich davon ab, wie erfolgreich der Transformationsprozess hin zur Elektromobilität und Digitalisierung bewältigt wird”. Aktuell sei die Branche jedoch stark durch Unsicherheit, Konsolidierung und erheblichen Anpassungsdruck geprägt.

Die Insolvenzverwalterin Metzger nannte als Hauptursachen für die aktuelle Autokrise “massiv gestiegene Energie- und Rohstoffpreise, internationale Unsicherheit und ein aus Investorensicht unvorteilhaftes Umfeld in Deutschland”. Diese strukturellen Probleme machen es für Investoren zunehmend unattraktiv, in deutsche Autozulieferer zu investieren.

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