Arbeitgeber in Deutschland zahlen Rekordsumme für Krankmeldungen

Deutsche Arbeitgeber mussten im Jahr 2024 eine Rekordsumme von 82 Milliarden Euro für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aufbringen – ein Anstieg von mehr als 10 Milliarden Euro binnen drei Jahren. Dies zeigt eine aktuelle Studie des arbeitgebernahen linkInstituts der deutschen Wirtschaft (IW), die die gestiegenen Belastungen durch hohe Krankenstände und eine wachsende Beschäftigtenzahl verdeutlicht.

Die gesamten Kosten für Krankmeldungen gliedern sich laut IW-Berechnungen in direkte Lohnfortzahlungen von 69,1 Milliarden Euro sowie Arbeitgeberanteile an Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 13 Milliarden Euro. Nicht eingerechnet sind dabei die Ausgaben für Lohnfortzahlung im Mutterschutz. Seit 2010 haben sich diese Aufwendungen mehr als verdoppelt – von 36,9 Milliarden auf nun 82 Milliarden Euro.

Der anhaltend hohe Krankenstand treibt die Kosten zusätzlich an. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) erreichten die Fehlzeiten in den ersten elf Monaten 2024 mit durchschnittlich 17,7 Krankheitstagen je Erwerbstätigem ein neues Rekordhoch. Vor der Corona-Pandemie lagen die Werte 2019 noch bei 14,1 Fehltagen. Die DAK-Gesundheit bestätigte diese Entwicklung: Der bundesweite Krankenstand lag 2024 bei 5,4 Prozent und damit nur geringfügig unter dem Rekordniveau der Vorjahre. Hauptursache für die hohen Ausfallzeiten bleiben Atemwegserkrankungen, gefolgt von psychischen Leiden und Muskel-Skelett-Erkrankungen. Bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen verzeichneten die Krankenkassen im ersten Halbjahr 2024 sogar einen Anstieg um 14,3 Prozent.

Als Reaktion auf die steigenden Kosten drängen die deutschen Arbeitgeber auf umfassende Entlastungen. BDA-Präsident Rainer Dulger bezeichnete die 77 Milliarden Euro jährlichen Kosten als “erheblichen Ballast, der den Weg raus aus der Rezession erschwert”. Die Summe übersteige sowohl den Verteidigungshaushalt als auch die gesamten Ausgaben der Pflegeversicherung.

Das IW schlägt verschiedene Reformmaßnahmen vor: Die Einführung von Karenztagen, in denen das Gehalt zu Krankheitsbeginn ausgesetzt oder reduziert wird, sowie eine Begrenzung der Entgeltfortzahlung auf maximal sechs Wochen im Kalenderjahr – unabhängig von wechselnden Diagnosen. Bislang können Arbeitnehmer bei verschiedenen Krankheiten jeweils sechs Wochen Lohnfortzahlung beanspruchen.

Besonders umstritten ist die seit 2022 eingeführte elektronische Krankschreibung und die telefonische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Laut DAK-Analyse führte das neue Meldesystem zu einem sprunghaften Anstieg der registrierten Fehltage um fast 40 Prozent, da nun alle Krankschreibungen erfasst werden. Früher seien viele “durchgerutscht”, erklärte Ärztepräsident Klaus Reinhardt.

Die BDA fordert die vollständige Abschaffung telefonischer Krankschreibungen und kritisiert Online-Anbieter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Eine Forsa-Umfrage ergab, dass 14 Prozent der Beschäftigten mit Atemwegserkrankungen 2024 ihre Krankschreibung ohne Arztkontakt erhielten. Auch 13 Prozent der Befragten gaben an, im vergangenen Jahr mehrfach unter einem Vorwand der Arbeit ferngeblieben zu sein.

Die hohen Kosten spiegeln nicht nur die gestiegenen Krankenstände wider, sondern auch Lohnerhöhungen und den Beschäftigungsaufbau der vergangenen Jahre. Da die Bruttoentgelte mit Tariflohnerhöhungen steigen und mehr Menschen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben, erwarten Experten auch für 2025 keine Trendwende bei den Arbeitgeberbelastungen.Zu

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